Elf lange Jahre hat es gedauert, elf Jahre Flucht, Verzweiflung, Unsicherheit, Angst und Lebensbedrohung.
Movldi, nun knapp 70 Jahre alt, begab sich 2002 mit seiner Familie mitten aus dem tschetschenischen Krieg auf die Flucht.
Er war kriegsverletzt, verwundet, körperlich und seelisch.
Ein Leben in der Heimat war nicht mehr möglich.
Es begann eine Odyssee durch europäische Länder mit der Bitte um Schutz und Aufnahme.
Asylantrag in Polen = nach 1,5 Jahren Lagerleben negativ, die Familie musste das Land verlassen.
Movldi verließ die Familie, ging alleine zurück, versteckte sich in den Bergen.
Die Mutter zog mit ihren Kindern weiter nach Tschechien, stellte dort einen Antrag auf Asyl.
Nach 6 Monaten = Negativ
Die Familie beschloss sich zu trennen, jeder sein eigenes Glück zu versuchen, die jungerwachsenen Söhne waren besonders gefährdet.
Die Mutter wollte nicht ohne ihren Mann sein, von dem sie von anderen Flüchtlingen erfuhr, dass es ihm nicht gut gehe. Sie kehrte mit ihrer Tochter zurück, um ihn in den Bergen zu suchen.
Die Söhne wanderten weiter nach Österreich, wurden sofort verhaftet und in Schubhaft genommen, stellten von dort aus ihre Asylanträge.
Österreich glaubte ihnen, gewährte Schutz und Konventionspass.
2006 machten sich Movldi, seine Frau und Tochter erneut auf den Weg, baten erneut in Polen auf Asyl, die Verfolgung und Lebensgefahr in der Heimat wurde unerträglich.
Polen wollte ihnen dies nicht glauben, nach einem Monat schon erhielten sie ihr negativ, wurden des Landes verwiesen.
So zogen sie weiter, stellten Antrag auf Asyl in Österreich.
Aber hier berief man sich 2009, nach drei Jahren des Hoffen und Harrens in Flüchtlingsheimen, auf Dublin II, sie mussten zurück ins „Erstaufnahmeland“ Polen.
Der Mann wurde krank, zerbrach seelisch.
Er versteckte sich wieder im Wald, in den Bergen.
Seine Frau versuchte wieder ihr Glück in Österreich, die Söhne inzwischen verheiratet, die ersten Enkelkinder waren geboren; sie stellte also 2010 wieder Antrag auf Asyl.
Dieser ist bis heute nicht entschieden. Der erste Bescheid auf dem Bundesasylamt erging negativ. Beschwerde. Das Asylgericht erkannte Verfahrensfehler und sandte den Antrag auf Asyl wieder zurück ans Bundesasylamt.
Dort liegt er bis heute.
Movldi kam Ende des Jahres 2012 nach Bregenz, er wollte zu seiner Frau, seinen Kindern, seinen Enkelkindern.
Er stellte bei der Polizei einen Antrag auf Asyl. Als diese ihn entgeistert anschauten und nach Traiskirchen verwiesen verlor er die Nerven.
Schrie, brüllte, tobte.
Er wurde nach Rankweil verbracht, es wurden schwere Traumatisierungen und psychische Beeinträchtigungen diagnostiziert, er wurde medikamentös eingestellt.
Im Juni musste er zur Einvernahme zum Bundesasylamt nach Innsbruck.
Vindex – Schutz und Asyl organisierte Begleitung, einen Zeugen bei der Einvernahme.
Unter starken Beruhigungsmitteln versuchte Movldi dem Druck der Einvernahme standzuhalten.
Aber es kam zum Eklat, als der Herr, der die Einvernahme leitete, sich weigerte, wesentliche Fluchtgründe und Hintergründe im Protokoll festzuhalten.
Er wollte nicht, diese Geschichten seien doch schon bekannt, seien früher schon mal aufgenommen worden.
Movldi sollte ein Protokoll unterschreiben, in dem die wichtigsten Punkte nicht dokumentiert waren!
Er tat es nicht, er unterschrieb nicht. Aber er hatte einen Zeugen dabei, das war wohl sein Glück.
Gestern erhielt er durch den Staat Österreich subsidiären Schutz.
Nun kann ein alter, kranker Mann mit fast 70 Jahren endlich Ruhe finden.
Vielleicht hat seine Frau ja auch noch dieses Glück!