Interkultureller Verein in Vorarlberg gibt Flüchtlingen Alltagshilfe
Jutta Berger, 10. April 2013, 13:13
Durch Information und Begegnungen sollen die Vorurteile ausgeräumt werden
Bregenz – Die Abschiebung des jungen Familienvaters Danial M. im November des Vorjahres hat in der tschetschenischen Community „eine große Erschütterung ausgelöst“, sagt Eva Fahlbusch. Mit tschetschenischen Flüchtlingen gründete die Sozialarbeiterin und Therapeutin nun den Verein „Vindex – Schutz und Asyl“.
Ziel des Vereins ist die Alltagshilfe für Flüchtlinge. Eva Fahlbusch arbeitet seit 2008 mit Flüchtlingen und hatte dabei „schlimme Erlebnisse mit Behörden“. Etwa die Räumung einer Wohnung, weil die fünfköpfige Familie den Nachbarn nicht passte. Oder die Notwendigkeit, den Asylantrag für ein in Vorarlberg geborenes Baby erneut zu stellen, weil ein Beamter den Namen falsch geschrieben hatte. „Keinen kümmert es, dass die Mutter dann zittert, ob das Baby bleiben darf“, sagt Fahlbusch.
Offizielle Stimme für Tschetschenen
Als Obfrau des Vereins will sie rechtliche Beratung organisieren, aber auch Therapie. „Denn man vergisst hier allzu oft, dass jemand, der zwei Kriege erlebt hat und traumatisiert ist, nicht einfach so funktioniert, wie man es gerne hätte.“ Therapie sei wegen mangelnder Sprachkenntnisse oft nur mit Dolmetschern möglich. „Die passen aber nicht ins Therapiesetting, so ist hier die vorherrschende Therapeutenmeinung.“
Ein weiteres Service des neuen Vereins sollen über das bestehende Angebot hinausgehende Sprachkurse sein. Aslan Murtazaliev, der seit 2004 in Vorarlberg lebt, präzisiert: „Viele von uns können sich auf Deutsch im Alltag gut verständigen, sie können aber nicht schreiben oder über Fachgebiete sprechen.“
Mit dem Verein erhalten die rund 1500 in Vorarlberg lebenden Tschetschenen eine „offizielle Stimme“, hofft Murtazaliev. Natürlich sei man keine homogene Gruppe. Vor der Vereinsgründung wurde intensiv diskutiert. „Und diskutieren werden wir auch weiter.“ Schließlich sei der Verein „ganz frisch gekocht“, übersetzt der frühere Profifußballer wörtlich aus seiner Muttersprache. Wichtig wäre ihm, durch Information und interkulturelle Begegnungen „die Vorurteile gegen uns auszuräumen“. Denn: „Wir sind nicht die, bei denen das Messer locker sitzt.“
Situation Abgeschobener
Information über Tschetschenien ist ein weiteres Vereinsziel. „Wir möchten über die Zustände in unserer alten Heimat informieren, damit die Menschen in Österreich erfahren, was jenen droht, die nach Russland abgeschoben werden“, sagt Murtazaliev.
Vindex stellt sich am kommenden Freitag im Theater Kosmos in Bregenz vor. Über „Asyl und Menschenrecht“ diskutieren ab 20 Uhr Susanne Scholl, Michael Genner von „Asyl in Not“ und Norbert Mähr, der Bürgermeister von Röthis. Er verhinderte 2010 zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern die Abschiebung einer kosovarischen Familie. (Jutta Berger, DER STANDARD, 10.4.2013)
Publiziert im Standard am 10. April 2013.
Hallo, lese gerade Bericht in den Vorarlberger Nachrichten. Gratulation, Frau Fahlbusch ! Besonders imponiert mir ihr engagierter Umgang mit diesem HBP, der eine Enttäuschung sondergleichen ist ! Alles gute weiterhin !!
Hallo Frau Fahlbusch,
ich gestalte morgen, Dienstag eine SEndung bei Radio Vorarlberg zur Situation von Flüchtlingen bei uns im Land. Ich bitte um einen Rückruf.
0664 62 78 806.
Vielen Dank!
Matthias Neustädter